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Kulturhaltestelle Dialoge
Oktober 2025 mit Joana Gama

Dein Repertoire umfasst häufig Komponisten wie Satie, Otte oder Mompou – Persönlichkeiten, die mit Stille, Kontemplation oder Experimenten verbunden sind. Was zieht Sie zu dieser Art von Musik hin?

In einer Zeit, in der man schreien muss, um gehört zu werden, habe ich das Bedürfnis, genau das Gegenteil zu tun: Ich spiele gern Musik, die leise ist und Ruhe schenkt.

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Gibt es bestimmte Kriterien, nach denen du entscheidest, welche Komponisten oder Werke du in deine Programme aufnimmst?

Meine Entscheidungen entstehen immer aus einer emotionalen Perspektive. Meist fühle ich eine Verbindung zur Musik oder zum Komponisten und denke, dass sie von mehr Menschen gehört werden sollte. Außerdem möchte ich nicht zur Homogenität beitragen, es gibt so viel spannende Musik jenseits des Kanons, die Aufmerksamkeit verdient.

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Du hast Formate für Kinder entwickelt, in denen ökologische Themen – Bäume, Vögel, Pilze – musikalisch vermittelt werden. Warum ist di das wichtig?

In den letzten Jahren habe ich das Bedürfnis verspürt, in meiner Arbeit über die Natur zu sprechen, Kunst als Medium für ein ökologisches Bewusstsein zu nutzen. Wir sind Teil eines Systems, das wir oft vergessen. Wenn wir mehr über die Welt um uns wissen, entwickeln wir Respekt, Empathie und die Fähigkeit, uns zu wundern. Das nährt unsere Vorstellungskraft und Kreativität.

 

Auch bei Konzerten für Erwachsene beziehst du oft das Publikum ein, durch Kommentare oder besondere Settings. Welche Formen der Vermittlung findest du am wirkungsvollsten?

Vielfalt ist der Schlüssel. Ich versuche, zu spüren, was zu einem bestimmten Projekt passt. Manchmal helfen Kommentare, das Publikum näher an die Musik zu bringen und ich passe das Gesagte dem Publikum an. Außerdem zieht mich Architektur an: Ich betrete manchmal einen Raum und denke, hier möchte ich spielen.

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Du hast bereits mehrfach mit uns zusammengearbeitet, beim Scelsi Festival Basel und beim Weissenhorn Klassik Festival. Wie hast du diese Kooperation erlebt?

Es war jedes Mal eine Freude!

 

Was hat dich an der Atmosphäre unserer Festivals besonders angesprochen?

Ich mochte die warme, persönliche Stimmung. Es ist immer ein Vergnügen, dort zu spielen.

 

Welche Formate oder Themen könntest du dir für zukünftige Kooperationen vorstellen?

Ich mag kleine Räume und intime Situationen, in denen Nähe entsteht. Das passt gut zu meiner Musik. Und da ich gern mit Kindern arbeite, fände ich es schön, ein gemeinsames Projekt zu entwickeln, das sie einbezieht.

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Mit Projekten wie SATIE.150 oder dem Hans Otte Festival: Sound of Sounds hast du selbst kuratorische Formate geschaffen. Wie unterschied sich diese Rolle von deiner Arbeit als Interpretin?

Ich interessiere mich sehr für alles, was Musik umgibt. Bei Satie etwa ist es wichtig, seine Persönlichkeit, seine Texte, Zeichnungen und Experimente mit Zeit zu verstehen. Dasselbe gilt für Hans Otte, ein sanfter, tiefgründiger Mensch, dessen Musik, Texte und Klangkunst mich sehr berührt haben. Die Festivals waren daher eine natürliche Erweiterung meiner Tätigkeit als Pianistin.

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Welche Erfahrungen aus diesen Projekten möchtest du in zukünftige Festivalzusammenhänge einbringen?

Die Idee, dass „alles in allem ist“, wie der griechische Philosoph Anaxagoras sagte. Die musikalische Erfahrung wird reicher, wenn man sie mit anderen Aspekten des Lebens der Komponisten verbindet, ihrer Beziehung zur Natur, zu Kunst, zu Gedanken über das Dasein.

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Wie siehst du die Rolle kleiner, unabhängiger Festivals im Vergleich zu großen Institutionen?

Große Häuser können einschüchternd wirken, viele Menschen trauen sich gar nicht hinein. Kleine Festivals haben das Potenzial, neue Zuhörer zu erreichen und Musik auf andere Weise erfahrbar zu machen. Außerdem bieten sie Raum für weniger bekannte Komponist:innen und Interpret:innen.

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Du arbeitest häufig interdisziplinär, mit Tanz, Theater, Film. Welche Chancen ergeben sich, wenn Festivals stärker solche Verbindungen fördern?

Kleine Festivals sind flexibler und können mit Formaten experimentieren, die man in klassischen Kontexten selten sieht. Diese Vielfalt ist wertvoll, sie zieht Menschen aus anderen Kunstbereichen an und verjüngt so auch das Publikum für klassische Musik.

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Was macht für dich eine gute Zusammenarbeit zwischen Künstler:in und Festival aus?

Wenn beide Seiten einander zuhören und verstehen. Ziel ist, gemeinsam ein inspirierendes Erlebnis zu schaffen – Repertoire, Raum, Atmosphäre, all das kann man zusammen gestalten.

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Wie können kleinere Festivals in internationale Netzwerke eingebunden sein?

Wenn man im Ausland spielt, begegnet man neuen Menschen und öffnet neue Wege. So kann ein kleines Festival eine Brücke in ein internationales Umfeld sein.

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Gibt es Themen oder künstlerische Richtungen, die dich derzeit besonders inspirieren und die du gern in einem Festivalrahmen weiterentwickeln würdest?

Natur spielt für mich eine immer größere Rolle. Ich mag es, Kunst und Natur zu verbinden, etwa draußen zu spielen, begleitet vom Klang der Vögel, oder ein Pilz-Sammeln mit meiner Kinderproduktion Vögel & Pilze zu kombinieren.

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Zum Schluss: Wo siehst du Berührungspunkte zwischen deiner Arbeit und unserer Festivalphilosophie?

Ich empfinde eure Offenheit, das Format und den Ort klassischer Musik immer wieder neu zu denken, als sehr inspirierend und notwendig. Auch ich befinde mich auf diesem Weg. Deshalb hoffe ich, dass wir noch viele gemeinsame Projekte entwickeln werden.

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